05.03.2025

ELEMENT-Insolvenzverfahren eröffnet: Für Versicherungsfälle mit Haftpflicht- und Unfallrenten droht der GAU

Bund der Versicherten e. V. (BdV) warnt vor weitreichenden Folgen für Versicherte

Am 1. März 2025 wurde das endgültige Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG eröffnet, das hat die Bafin auf ihrer Website mitgeteilt. Spätestens jetzt sollten ELEMENT-Versicherte aktiv werden und sich nach alternativen Absicherungen umsehen. Alle negativen Folgen können Verbraucher*innen aber auch dann nicht abmildern. „Insbesondere für Menschen, die Rentenleistungen aus ELEMENT-Verträgen bezogen haben, wird die Insolvenz massive Auswirkungen haben“, sagt BdV-Chefökonom Constantin Papaspyratos. Denn laut Versicherungsaufsichtsgesetz erlöschen Rentenansprüche aus Haftpflicht- und Unfallversicherungsverträgen bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Mit der endgültigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat sich bestätigt, was seit dem Insolvenzantrag zu befürchten war – bislang noch bestehende Verträge enden mit Ablauf des 1. April 2025. Jetzt gilt daher umso mehr: ELEMENT-Versicherte, die noch nicht gehandelt haben, sollten umgehend ihren Versicherungsschutz prüfen und sich um einen alternativen Versicherungsschutz bemühen, wie der BdV in einer Pressemitteilung im Januar geraten hatte. Ungewiss ist zudem, in welchem Umfang versicherte Schäden im Zuge des Insolvenzverfahrens reguliert werden können. Vor allem bei Haftpflicht-, Hausrat-, Unfall- und Wohngebäudeversicherungen sind große Schäden möglich, die die betroffenen Versicherten wirtschaftlich in erheblichem Maße überfordern können.

Rentenansprüche aus Haftpflicht- und Unfallverträgen erlöschen

Für Menschen, die Rentenleistungen aus ELEMENT-Verträgen erhalten haben, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens besonders gravierende Folgen. Denn nach der Spezialregelung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (§ 316 Satz 1 Nummer 5 VAG) erlöschen Rentenansprüche aus Haftpflicht- und Unfallversicherungsverträgen bereits unmittelbar mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Beispiel zur Unfallversicherung:

Teilweise können Unfallversicherungsverträge eine monatliche Rente leisten – so auch bei ELEMENT. Wer als Versicherter einen unfallbedingten Invaliditätsschaden erleidet (mit einer Invalidität ab 50 % gemäß den Versicherungsbedingungen), erhält vom Versicherer eine lebenslange Unfallrente in vereinbarter Höhe (z. B. 2.000 Euro monatlich). Der Versicherer zahlt die Unfallrente lebenslang, solange die Invalidität ab 50 % besteht.

Diese – lebenslang vereinbarte – Rentenleistung endete mit der endgültigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 2025.

Beispiel zur Privathaftpflichtversicherung:

Privathaftpflichtversicherungen leisten im vertraglichen Umfang, wenn der Versicherungsnehmer und/oder mitversicherte Personen einen Dritten geschädigt haben (und die Schädigung nicht vorsätzlich erfolgte). Eine wesentliche Leistung ist dabei, die Versicherten von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen freizustellen. Der Schadensersatz wird dann vom Versicherer entweder als einmalige Kapitalleistung oder als Rentenleistung an den Geschädigten gezahlt. Rentenleistungen erfolgen beispielsweise bei bleibenden Schäden (Schmerzensgelder, Verdienstausfälle, etc.) gegebenenfalls lebenslang.

Diese – gegebenenfalls lebenslange – Rentenleistung durch den Versicherer endete ebenfalls mit der endgültigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 2025. Mit der Folge, dass der Schädiger – und vormalige ELEMENT-Versicherte – die Rentenleistung für die/den Geschädigte*n selbst aus eigenen Einkünften und Vermögen zu erbringen hat, da der zugrunde liegende Schadenersatzanspruch nicht erlischt.

„Wie viele ELEMENT-Versicherungsfälle mit Rentenleistungen bestehen, ist uns nicht bekannt. Wir hoffen jedoch, dass keine Versicherten und Geschädigten betroffen sind“, sagt Papaspyratos.

Die Insolvenz eines Versicherers gab es seit langer Zeit nicht mehr, das Ende von ELEMENT ist aber nicht die erste Pleite eines Fintechs. Zuletzt schrammte das Insuretch-Unternehmen Wefox an einem Totalausfall vorbei. „Das Vertrauen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in existenzielle Risikoversicherungen darf nicht zum Spielball von Wagniskapital und Start-Up-Schmieden werden. Will man solche Geschäftsmodelle ermöglichen, brauchen sie ein enges Korsett durch die Finanzaufsicht und einen effektiven Gläubigerschutz für die Versicherten. Die Unzulänglichkeiten im Versicherungsaufsichtsgesetz müssen jetzt dringend ausgebessert werden“, sagt BdV-Vorstand Stephen Rehmke.   

Bislang wurden Auffanglösungen geschaffen – wie die Medicator AG für die substitutive Krankenversicherung (PKV), die Protektor Lebensversicherungs-AG für die Lebensversicherung. Eine vergleichbare Funktion hat bei Insolvenzen die Verkehrsopferhilfe e. V. für die verpflichtende Kfz-Haftpflichtversicherung. Für die anderen Versicherungssparten gib es keine vergleichbare Einrichtung.

Weitergehende allgemeine Tipps und Hinweise finden ELEMENT-Versicherte auf der Website der Bafin. BdV-Mitglieder bekommen Unterstützung zu Ihrem Fall über die Mitgliederberatung. Wer kein Mitglied ist, kann das BdV-Verbrauchertelefon nutzen: 0900 6 737 300.


Nahaufnahme einer Hängebrücke

Über den BdV

Als waschechte NGO treten wir vom Bund der Versicherten e. V. seit unserer Gründung im Jahr 1982 für die Rechte der Versicherten ein. Mit rund 43.000 Mitgliedern bilden wir ein Gegengewicht zur Versicherungslobby und sind damit eine der wichtigsten Verbraucherschutzorganisationen Deutschlands.